Dienstag, 1. Mai 2012

11. Südamerikareise + zur momentanen Sicherheitssituation

Wie versprochen, hier der nächste Beitrag. Der April war wesentlich ereignisreicher als der März, standen doch u.A. eine Osterreise in den Süden der Dominikanischen Republik sowie das Treffens mit meinem Vaters in Südamerika an. Die Arbeit macht mir weiterhin unheimlich viel Spaß. Ich mache Familienbesuche im Kindergarten (immer wieder erschreckend, in was für Behausungen manche Familien untergebracht sind. Auch wenn sich, so hart das klingt, langsam eine Resistenz gegenüber solchen Eindrücken einstellt), leite meine drei Englischkurse am Montag und Dienstag (mit Vokabeltests und allem drum und dran :) ) und habe außerdem ab 3. Mai einen weiteren Englischkurs in Villa Tapia, der wohl jeden Donnerstag stattfinden wird.




Die Osterreise war sehr schön, wenn auch mit "nur" 3 Tagen ein wenig kurz. Eine sehr spröde und unerschlossene Landschaft erschließt sich einem, die jedoch umso traumhaftere Strände und Fischerorte (z.B. Paraiso - da sagt der Name schon alles Wesentliche) aufweisen kann. Da der Tourismus hier noch in keinster Weise vorgedrungen ist sowie der Boden wesentlich unfruchtbarer ist als zB im Zentrum des Landes, ist die Population hier tendenziell ärmer, was ja aber an sich auch nichts zur Sache tut. 


Kaum kamen wir wieder im Zentrum des Landes an, gab es in den Tagen darauf einige Nachrichten zu verdauen. In meinem beschaulichen Villa Tapia beispielweise wurden zwei Frauen kaltblütig mit jeweils drei Schüssen erschossen. Die Haus der Beiden steht circa 30m von dem meiner Gastfamilie entfernt und ich grüßte die Damen ab und an auf dem Weg in das Fitnessstudio. Ich hatte zwar nichts von den Schüssen gehört, der Menschenauflauf am nächste Tag war jedoch unübersehbar. Da ich die beiden ja vom Sehen her kannte, war dies erstmal ein unschönes Gefühl. Auch die Tatsache, dass das dominikanische Fernsehen die getöteten Frauen sowie das mit mit Blut bespritzte Zimmer auf allen Kanälen zeigt, macht das Ganze nicht unbedingt schöner. Eine Unart, wie ich finde, die ich bisher nur im amerikanischen Fernsehen bemerkte. Es war wohl, wie so oft, ein Eifersuchtsmord eines Exfreundes. Da eine Getötete zugleich auch eine Exfreundin eines meines Gastbruders war, ist die Stimmung momentan ein wenig bedrückt in meinem Haus.


Verbunden mit anderen Ereignissen, ergibt dies eine momentane Sicherheitssituation, die nicht ganz so angenehm ist. So konnten wir Freiwilligen einmal nicht nach Salcedo/Villa Tapia zurück, weil größere Aufstände stattfanden, bei denen auch wieder zwei Menschen starben und die Stadt nicht wirklich von Außen betretbar ist. Es sterben immer wieder Menschen bei Aufständen und auch ich durfte es einmal erleben, dass Reizgas gar nicht mal so angenehm ist. Bei den Aufständen in Salcedo wird Reiz-/Tränengas generell in der ganzen Stadt verteilt und da ich mich einmal zu Zeiten einer "huelga" in einem Haus in Salcedo befand und das Reizgas durch die Fenster/Türspälte eintrat, durfte ich auch diese Erfahrung einmal machen.

Zusammen mit einer momentanen Entführung eines Politikers (?) aus Villa Tapia lässt mich das Ganze ein wenig ratlos zurück, sodass ich erstmals im Dunkeln nicht mehr durch Villa Tapia streife (was ich vorher ab und an gemacht habe, um Einkäufe zu erledigen, oder ich von Freunden zurücklief)
Ich sehe die Gefahr zwar nicht ganz so präsent, da ich wohl kaum Opfer eines Eifersuchtsmordes werde, aber man muss ja nicht unbedingt mehr Risiko eingehen als nötig. 
Auch zur Zeit der Präsidentschaftswahlen Mitte Mai wurde uns Freiwilligen empfohlen in unseren Häusern zu bleiben, da die Zeit zur Wahl meist von Korruption (Leute lassen sich tatsächlich für eine Flasche Rum "kaufen") und die Zeit nach der Wahl meist von Unruhen/Ausschreitungen überschattet wird. 


Es klingt zwar alles total absurd, ist aber leider einfach Realität. Man sieht also, hier ist immer irgendetwas los. :)


Desweiteren ist Mitte April die erste Gastmutter von Monika verstorben (Monika hatte ja die Gastfamilie aus anderen Gründen freiwillig gewechselt). Da wir diese Person alle sehr mochten, war dies ein weiteres unschönes Ereignis. Wie es nun genau zu dem Tod kam, weiß so recht niemand. Es wird aber vermutet, dass Ärzte bei einer Routineoperation (Zyste) gepfuscht haben, sodass "Dany" (so hieß sie) am Ende an einem perforierten Darm gestorben ist. Da die Familie jedoch kein Geld besitzt, kann diesem Verdacht nicht nachgegangen werden. Auch die Beerdigung war bedrückend, konnten wir doch sehen, wie die gute Dame in ein billiges Betongrab eingeschoben wurde, welches sofort auch zuzementiert wurde. Aber wer soll auch schon in der Lage sein, ein schöneres Grab für sie zu kaufen; war sie doch die einzige "Brotverdienerin" im Haushalt, für sie und ihre zwei Töchter. 






Umso mehr freute ich mich also, als es am 18. April Richtung Südamerika ging, wo ich nach sieben Monaten wieder meinen Vater sehen würde.


Zu dem Urlaub möchte ich gar nicht viel sagen, außer, dass ich es natürlich sehr, sehr schön fand. Mein Vater und meine Wenigkeit waren in Rio de Janeiro, Buenos Aires & Santiago de Chile. Ich war auf dem Zuckerhut, habe grandioses Essen gegessen (u.A. eine Empenada mit Palmherzen, Spargel, Paprika, Zwiebeln und Tomaten - großartig.), mich mit einer alten chilenischen Bekannten (die ich noch aus meinem Auslandsjahr aus den USA kenne) getroffen, die argentinische Präsidentin gesehen usw usf. Abgesehen davon war es auch schön, mal wieder (eigentlich) alltägliche Dinge erleben zu dürfen. Jederzeit Wasserzugang, warmes (!) Wasser, Essensvielfalt (Es scheint irgendwie doch mehr Essen zu geben außer Kochbananen, Reis und Eiern. ;) Und ja, ich werde nicht müde es zu erwähnen, da ich es schließlich _jeden_ Tag essen darf. :) ), keine aufgetunten, auf einem Rad fahrenden Motorräder, Helmpflicht, Gurtpflicht, vielseitige Musik abseits von Bachata&Merengue (in einem Laden erklang sogar ein Lied der Smiths.)


Auch mit meinem Vater war es so, als wäre ich gar nicht weg gewesen. Ich könnte das Ganze natürlich jetzt auch weiter ausufern lassen, aber der Post ist eh schon bedeutend länger als eigentlich gedacht. In der Sektion Fotos habe ich ein paar Impressionen hinzugefügt, die man sich - falls Interesse besteht - zu Gemüte führen kann. 


Hinzugefügt habe ich desweiteren Fotos vom heutigen Tagestrip, von welchem ich gerade wieder gekommen bin. An sich wollten wir uns nur ein "Plastikflaschenhaus" (Oberthema: Alternative Ideen bezüglich des Umweltschutzes) anschauen. Da sich jedoch ein Strand (wie so oft :) ) in relativer Nähe befand, haben die 30 Dominikaner sowie wir 5 Freiwilligen diesem nach erledigter Pflicht einen Besuch abgestattet. :)


Besonders gefreut hat es mich jedoch auch, wieder in der Dominikanischen Republik anzukommen. Richtige Heimatgefühle kamen auf, als ich mal wieder bei 30 Grad im Schatten vergeblich mit einem Taxifahrer den Preis für den Weg zur Busstation runterhandeln wollte. Und als ich dann (3h später nach dem eh schon 24h langen Rückflug mitsamt Umsteigen in Miami) endlich in Villa Tapia ankam und mich hinten auf ein Motorrad setzte, habe ich mich wieder komplett wie Zuhause gefühlt. Die letzten acht Monate vergingen so rasant, dass ich gar nicht daran denken möchte, nur noch drei Monate in diesem Land verbringen zu können. Die Unterschiede zur "europäischen" Kultur sind zwar gewaltig (und das ist mir erst während der Südamerikareise richtig bewusst geworden), aber dennoch ist mir das Land sehr, sehr an das Herz gewachsen.


Das war es auch schon wieder. Nächstes Wochenende geht es in die Hauptstadt zur Büchermesse, was "wir" gleich mit einem Wochenendausflug verbinden. Dann wollten wir noch den 27 Wasserfällen einen Besuch abstatten und im Juni geht es ja auch weiter mit den Reisen (s. letzter Post im März).


Liebe Grüße,
Lars.

1 Kommentar:

  1. In Ecuador lagen damals vor allem überall diese billigen Tageszeitungen aus, die eigentlich nur aus Riesenfotos blutiger Gewalttaten bestanden. Aber in der Karibik scheint es in der Tat in einiger Hinsicht 'wilder' zuzugehen als in Südamerika, im Guten wie Schlechten...Das mit der Büchermesse klingt ja interessant (auch wenn ich hier von ihr noch nie gehört habe;-)); das wird hoffentlich eine schöne Abwechslung.

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